Kurz nach dem Tode von Rossini im Jahre 1868
machte Verdi seinem Verleger den Vorschlag, zum Gedenken des von aller
Welt verehrten Meisters sollten die führenden Komponisten Italiens
aufgefordert werden, gemeinsam eine Totenmesse zu schreiben. Sie sollte am
Jahrestag von Rossinis Tode in der Kirche von San Petronio zu Bologna
erklingen und anschließend im Archiv des dortigen Konservatoriums
aufbewahrt werden, um in einer fernen Zukunft "an Gedenktagen des
großen Mannes wieder aufgeführt zu werden, wenn ein späteres Geschlecht
sie noch feiern sollte". Der Plan wurde begeistert angenommen Verdi
selber steuerte den Schluss "Libera me" bei. Zu einer
Aufführung kam es allerdings nicht, denn Unstimmigkeiten mit dem
Dirigenten Mariani und mangelnde Unterstützung der Behörden ließen das
Projekt letztlich scheitern.
Ein Freund Verdis, Mazzucato, sah das Manuskript dieses Messen-Pasticcios
bei Ricordi und teilte dem Komponisten seine Begeisterung für den
schönen Schlusssatz mit. Verdi schrieb zurück: "Ihre Worte hätten
beinahe in mir den Wunsch entstehen lassen, später einmal die ganze Messe
zu schreiben; um so mehr als ich, bei einiger ausführlicherer
Entwicklung, das ,Requiem' und das ,Dies irae' schon fertig hätte, deren
letzter Nachhall ja in dem bereits komponierten 'Libera me' zu finden
ist." Als vier Jahre später der große italienische Dichter
Alessandro Manzoni im Alter von achtundachtzig Jahren starb, fasste Verdi
den Entschluss, zu Ehren dieses Mannes sein Requiem-Fragment zu
vervollständigen. Die Ausarbeitung erfolgte während der Sommer- und
Herbstmonate des Jahres 1873 in Paris. Zur Uraufführung kam das Werk am
22. Mai 1874, am ersten Jahrestag des Todes von Manzoni, in der Kirche von
San Marco in Mailand. Die Leitung hatte der Komponist. Neben einem Chor
von 120 Sängern und einein Orchester von 100 Musikern wirkten führende
Solisten der Scala mit: Teresa Stolz und Maria Waldmann, die zwei Jahre
zuvor bei der europäischen Erstaufführung von "Aida" in
Mailand gefeiert wurden, und die Herren Capponi und Maini.
Binnen weniger Tage erfolgten drei Wiederholungen in der Scala. Die erste
leitete wiederum Verdi, und begeistert begrüßte das Mailänder Publikum
das jüngste Meisterwerk des großen Theatermannes. Kurze Zeit danach
dirigierte Verdi sieben Aufführungen des Werkes in der Pariser Opéra
Comique, und nachfolgende Aufführungen in London Wien und Köln
bestätigten den durchschlagenden Erfolg.
Von den zahlreichen Vertonungen des traditionellen Requiem-Textes hat
neben der von Mozart kaum eine so universale Anerkennung gefunden wie die
von Verdi, wenn auch mancher Kritiker von damals, aus Voreingenommenheit
gegen das Opernschaffen des Komponisten, dieses geistliche Werk als zu
theatralisch ablehnte: ein Urteil, das eben so oft wie ungerecht seit den
Anfängen mehrstimmiger Musik über viele Meisterwerke sakraler Kunst
ausgesprochen wurde. In den rund hundert Jahren seit der Entstehung von
Verdis Requiem haben sich die Parteienkämpfe der verschiedenen
musikalischen Richtungen gelegt, hat sich die historische Position dieses
großen Komponisten gefestigt. Das Requiem Verdis letztes großes Werk vor
"Othello" und "Falstaff", hat durch das anhaltende
Interesse der musikalischen Welt seine Lebenskraft bewiesen. |
Shortly after Rossini's death, in 1868, Verdi
suggested to his publisher that the leading coin
posers of Italy should co-operate in writing a mass the dead in memory of
that great artist who had been extolled throughout the world. It was to be
performed an the first anniversary of Rossini's death in the church of San
Petronio in Bologna and then deposited in the archives of the local
conservatory, "to be revived an later occasions, if future
generations should want to celebrate the . memory of this great man".
The plan was accepted with enthusiasm, and Verdi himself contributed the
closing movement, "Libera me". The Performance never took place,
however. A disagreement with the conductor Mariani, and insufficient
support by the local authorities frustrated the project.
A friend of Verdi, Mazzucato, saw the manuscript of this pasticcio at
Ricordi's, and was enraptured by the beauty of the last movement. The
composer answered, "Your words very nearly prompted me to want to
compose the whole mass at some later date; all the more since, with a
little further development, the `Requiem' and the `Dies irae' would
already be complete. Their final echo is to be found in the `Libera me'
which has already been composed". Four years later, when the great
Italian novelist and Poet Alessandro Manzoni died at the age of
eighty-eight, Verdi decided to com- this requiem fragment in honour of his
illustrious countryman, and composed the remaining movements in the summer
and autumn of 1873 during a stay in Paris. The First performance was given
an the first anniversary of Manzoni's death, May 22nd, 1874 at San Marco
in Milan. It was conducted by the composer, with a choir of 120 and an
orchestra of 100, together with the leading soloists of La Scala: Teresa
Stolz and Maria Waldmann, who had been acclaimed an the occasion of the
European Premiere of "Aida" in Milan two years before, Capponi
and Maini.
The Performance was repeated three times during the following days at La
Scala, and audiences in Milan greeted this newest masterwork of Verdi with
great enthusiasm. Very shortly thereafter the conducted seven performances
of the work at the Opera Comique in Paris. Performances in London, Vienna
and Cologne confirmed its immense success.
Among the numerous settings of the traditional requiem text, none except
that of Mozart has enjoyed such universal recognition as Verdi's. This in
spite of the fact that many a critic of Former days, prejudiced against
the composer's stage works, condemned it as being too theatrical: a
judgement which has quite often and unjustly been passed an many
masterpieces of sacred music since the beginnings of polyphonic art. in
the course of the last hundred years the struggle between the then
dominant musical factions died away, and Verdis historical significance is
no longer a matter of conjecture. The composer's last major work before
"Othello" and "Falstaff", his Requiem, has been the
subject of interest in the world of music down to the present day.
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